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Kolumne über unangebracht kritische Kommentar-Kultur

Lasst digitales Pöbeln nicht zum Volkssport werden

Lasst digitales Pöbeln nicht zum Volkssport werden kommentarbullshit

Ich mag Kritik. Sehr sogar. Konstruktives Feedback von Außen hilft enorm und macht das Kritisierte in der Regel besser. Und ich liebe den Austausch. So ist für mich die Kommentarfunktion einer der zentralen Aspekte, die das Bloggen ausmachen. Der direkte Kanal zum Leser, der einen Dialog ermöglicht. Und so freue ich mich – ganz ehrlich – über jeden einzelnen, noch so kurzen und inhaltslosen Kommentar. Vor allem, weil die Kommentare auszusterben drohen. Das ist nicht wirklich neu und darum soll es auch gar nicht gehen, vielmehr um die Färbung moderner Kommentare. Anscheinend wird nur noch kommentiert, wenn einem etwas nicht passt. Und das passt mir nicht (daher dieser Kommentar, hehe…).

Meckern, Meckern, Meckern…

Ich habe mal einen Cartoon gesehen, den ich leider nicht mehr auffinden konnte (falls ihn wer findet, gerne kommentieren!). Darin reden zwei Männchen über Webcontent. Der eine möchte etwas Kritisches kommentieren, weil er die dargebotene Kunst schlecht findet. Der andere fragt, was denn aber mit der guten Kunst sei, wolle er da nicht auch etwas zu kommentieren? „Nene, der weiß schon, dass das gut ist“ lautet die Replik.

Gepöbelt wird schnell, ein „das ist cool!“ wirkt vielleicht zu nichtig. Zu offensichtlich. Und nein, ich will hier niemanden daran hindern, seine negative Meinung zu äußern. Gerade wenn etwas schlecht ist, soll man das auch verdammt nochmal sagen. Gerne konstruktiv mit Verbesserungs-Hinweisen oder konkreten Informationen, wiesoweshalbwarum das nun schlecht ist. Oder auch einfach auf Fehler hinweisen. Die passieren allen Leuten, sei es der Flüchtigkeit, dem Schlafmangel oder einfach Unwissen geschuldet. Da bin ich immer dankbar. Was aber vermehrt auftritt und mich nervt, ist dieses Herumreiten auf Kleinigkeiten, die eigentlich gar nicht diskutierenswert sind.

Verfehlende Kleinstkritik

Ich merke, dass ich auch hier relativieren muss, da in einigen folgenden Beispielen die Kritik nicht einmal unangebracht ist. Da ist einiges verdammt wahr und sogar hilfreich. Zumindest in der zentralen Aussage des Kommentars. Aber die Art und Weise, wie an Nichtigkeit grenzende Aspekte derart ausgerollt werden, sich Leute Zeit für das Angehen von Randnotizen machen, will mir nicht ganz in den Kopf. Das muss eine solche Wichtigkeit einnehmen, dass man sich die sonst so rare Zeit nimmt, zu kommentieren. Ist alles gut, man hat sich an Inhalten bereichert, vielleicht Stunden an Langeweile zerschlagen oder den einen kreativen Impuls erhalten – Nichts. Oder zumindest selten etwas.

Beispiele

Bescheuerte Weltansichten

Natürlich will ich auch konkret werden. Zum einen hätten wir natürlich (so traurig, dass ich „natürlich“ schreiben muss…) das „überpatriotische“ Lager (Beispiel-Link).

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Dass man unter politischen Inhalten kontroverse Diskussionen erwarten muss, ist ja das eine. Mittlerweile wird aber jeder Fun-Furz für dämliche Heißluft-Propagande genutzt. Aber das ist noch einmal ein komplett anderes Thema…

Ganz ähnlich geht das natürlich auch in den USA. In einer WIN Compilation gab es ein Kunstwerk, in dem schwarze Buchstabe, die „HATE“ gebildet haben nach einem Perspektivwechsel ein buntes „LOVE“ ergeben haben. Und selbst hier hat jemand den persönlichen Perspektivwechsel verpasst…

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Positiv: Hier kommen fast immer andere Leute mit Kommentaren „zur Hilfe“ um zu demonstrieren, dass solche Leute die absolute Minderheit sind und verdammt nochmal bleiben sollten. Positiv #2: Ein bescheuerter Abonnent weniger.

Klugscheißeritis

Gut, das waren die engstirnigen Kleingeister. Kommen wir zu den „normalen“ Leuten, die sich einfach unnötig verrennen. Ich hatte einen Mini-Beitrag mit einem Video über die Entstehung des metrischen Systems verbloggt. Und dann folgt ein oberlehriger Kommentar zur Verwendung eines Wortes bzw. den Unterschied zwischen „scheinbar“ und „anscheinend“:

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Da ich ein Verfechter des „Wie du mir, so ich dir“ bin, antworte ich auf patzige Kommentare gerne patzig und diskussionsfreudig, so dass sich ein längeres Gezanke um Nichtigkeiten ergibt. Vielleicht nicht das beste Beispiel, aber ich hatte einige gesammelt und möchte eine gewisse Bandbreite aufzeigen.

Verfehlende Meinungsmache

Anderes Thema: Die Verlosung eines Bluetooth Speaker-Systems. Frage zu der Kampagne, die einen an einer Drohne befestigten Lautsprecher zeigt: In welcher Situation würdet ihr so eine Sound-Drohne nutzen. Antwort:

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Da er scheinbar Aufmerksamkeit (im Kampf gegen Drohnenbefall!) haben wollte – bitteschön. Mir will es nicht in den Kopf, wie man dann eben einfach nicht beim Gewinnspiel teilnimmt, sondern sich fernab dieser offensichtlich gefaketen und auf lustig gemachten Werbeidee in solche Absurditäten verrennt.

Die meiner Meinung nach absurdeste Kleinstkritik habe ich per Mail erhalten (daher gebe ich auch keinen Namen an). Erneut abzielend auf Inhalte der überpolitischen und gesellschaftskritischen Bilderparade…

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Die nachfolgenden Vergleiche zwischen Zigaretten und Foodporn erlasse ich euch mal. Hier sind wir schon arg auf dem Weg zur aktuellen Empörungsgesellschaft. Über alles wird gemeckert, sich aufgeregt und #Aufschrei vollzogen. Aber das ist dann noch einmal ein anderes Thema…

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Mimimi

Ja klar, das ist ein Meckern auf ganz kleiner Flamme. Und mir macht das Diskutieren (wenn es denn möglich ist) auch Spaß. Aber manchmal ärgert es mich eben auch. Früher hatte ich Freude bei jeder „Neuer Kommentar“-Benachrichtigung via Mail, dann begangen die „Was soll der Werbe-Scheiß?!“-Kommentare und mittlerweile muss man bei jeder Benachrichtung befürchten, dass unangebrachte Kleinstkritik auftaucht. Wie gesagt: Mir geht es gar nicht um Kritik. Die ist immer gerne gesehen, solange sie auf die eigentlich zentralen Aspekte abzielt und eben konstruktiv ist. Und wie so oft macht der Ton die Musik, man kann auch Kritik vernünftig verpacken und muss nicht mit faulen Fischen um sich werfen, oder einen Ton wie bei daheim am Frühstückstisch ablassen.

Und nein, es ist nicht alles überdramatisiert kritisch. Ich erhalte tolle Kommentare, über die ich mich jedes Mal freue. Noch mehr berühren mich sensationelle Mails von Leuten, die sich für kleine und große Dinge rund um LangweileDich.net bedanken. Da merkt man dann wieder, dass es doch noch gesunden Menschenverstand gibt und ich nicht ganz alleine mit meiner Einstellung bin. Vielleicht ja auch in dieser Hinsicht – oder ihr konntet wenigstens mit dem einen oder anderen Beispiel unterhalten werden. Und wenn ihr das nächste Mal in einem Blog etwas wirklich Tolles findet – lasst es doch den Blogger wissen. Auch wenn er einen tollen Text geschrieben hat, euch ein Bild von ihm gefällt oder ihr allgemein mal „Danke“ sagen wollt. Drückt nicht einfach nur auf „Like“ sondern auf „Kommentar absenden“ und macht ihm/ihr eine kleine Freude. Danke.

19 Kommentare

  1. Sören says

    Mach weiter wie bisher. Ich freue mich jede Woche aufs neue auf deine Beiträge. :-) Sie versüßen einem auch mitunter den Tag und schaffen hier und da mal etwas schöne Abwechslung und bringen auch neues zu Tage. Mir gefällt auch nicht immer jedes Bild, aber was solls, ich atme dennoch weiter. Es ist DEIN Blog, deine Beiträge und dein Blog ist ein schöner Beitrag in der Blogwelt. :-)

    • Maik says

      <3
      (und keine Bange, ich mache eh so weiter, nur war ich an der Reihe bei unserer wöchentlichen Kolumne und hatte das Thema schon eine Weile auf der Liste :) )

  2. Marco says

    Deswegen versuche ich auf meinem Blog selbst der größte Troll zu sein :)

  3. Martin says

    Was genau sind Kommentare?

  4. Lars says

    Ich gestehe – ich lese den Blog schon lange und enthalte mich jeglicher Kommentare – nicht weil ich die Beiträge hier nicht gut finden würde – im Gegenteil, dies ist der einzige Blog, dem ich regelmäßig folge – sondern aus purer Faulheit. Deswegen sage ich es nun einmal für die vielen vielen stillen Mitleser – mach weiter so. Die unpolitische lockere Art, die Abwesenheit von übermäßiger Fleischbeschau und die hohe Qualität der Beiträge macht einfach Spaß. Genau so und nicht anders.
    Idioten, Fanatiker und übersensible Unspaßmacher gibt es überall, lassen wir uns davon nicht die Langeweile vertreiben. :)

    • Maik says

      Oh stimmt – Faulheit hatte ich vergessen! ;) Aber Spaß beiseite – vielen Dank für den Kommentar und ehrlich gesagt sind mir auch treue Leser, die so denken und nicht kommentieren deutlich lieber, als Eintagsbesucher, die ein paar Worte da lassen. Von daher: Weiterhin viel Langeweile hier!

  5. Stimpy says

    Sehr gut! Mach´ weiter so!!

  6. Maik says

    Ich hoffe du hörst da nicht so genau hin. es sind leider viele netzkrakeeler im w.w.w. unterwegs im prinzip nicht weiter schlimm weil es diese leute überall gibt. vielleicht solltest du mal ein the best of der schwächsten und dümmsten Kommentare machen . Ne ne machs lieber nicht weil diese diskussionen endlos werden.
    jetzt noch meine lobhudelndste rede
    ich bin schon seid vielen jahren ein regelmäßiger besucher deiner seite freue mich jeden montag auf die bilderparade auf die kleinigkeiten die interviews usw. kopf hoch augen auf und durch.
    weitermachen

    • Maik says

      Keine Bange, das sehe ich schon realistisch, denke ich. Ich nehme jeden Kommentar ernst, solche aber nie zu sehr. Und ein kleines Best of hast du ja hier schon. ;)
      Danke jedenfalls für die lubhudelnde Rede und die regelmäßigen Besuche!

  7. The Evil MrBrainPaiN says

    ich mag die seite. richtig richtig gern…mag ich sie.

  8. Martin Däniken says

    Ich mag die Seite auch….aber unpolitisch kann auch extrem politisch sein. (D)eine Enthaltsamkeit kann man auch anders interpretieren…Nur mal so!In einen jahrhunderte alten Buch für Samurai steht der Ratschlag:
    „Wenn Du das Gefühl hast jeden den du triffst vor den Kopf zustossen,bleib zuhause und schreib Gedichte.“
    Naja damals konnnte man bei Respektlosigkeit/Gedankenlosigkeit noch den Kopf verlieren…
    Und heute göbeln hasssserrrrfüllte dumme Mitmenschen respektlos und unmenschlich ihre Gedanken ins Netz und es gibt keine Etiquettenschulung weit und breit?

    • Maik says

      Dass jetzt so auf „unpolitisch“ eingegangen wird. Bei ganz prekären Situationen gebe ich ja auch meine Meinung zum Besten, so ist es ja nicht. Und auch nebenbei meine ich klar Stellung zu beziehen. Aber LangweileDich.net ist einfach nicht politisch intensiviert. Das passt nicht. LwDn soll ein Ort der Unterhaltung und Inspiration sein – auch oder gerade in schlechten Zeiten. Das soll nicht bedeuten, dass sich niemand mit den ernsten Dingen auseinander setzen oder sie gar ausblenden soll. Aber wenn man schon überall damit beworfen wird, kann man hier ohne Probleme hin surfen, um zumindest etwas andere Gedanken zu bekommen.

  9. Anna Nymia says

    Ich kommentiere auch mal, auch wenn der Artikel schon älter ist (ja, anderthalb Monate ist im Internet schon alt). Ich hatte mir ein Lesezeichen gesetzt, weil ich den Titel interessant fand, aber in dem Moment keine Zeit, um den Text zu lesen. Das habe ich heute (offenbar) nachgeholt. :)
    Erstmal was Konstruktives: Bilderparade CCCLXXXIX, Bild 13, da ist das Bild (Comic), worauf du anspieltest. ;) Ich bin übrigens ein großer Fan der Bilderparade. Einige besonders gute speicher‘ ich mir ab und habe z. B. einen Kalender mit den Bildchen für meinen Freund gebastelt (Bild 13 war der August).
    Ansonsten: die „Foodporn“-Sachen finde ich auch manchmal eklig (als Vegetarier), aber ich würde das nie meckernd kommentieren. Den Unterschied zwischen „anscheinend“ und „scheinbar“ sollte man (gerade als Schreiberling) schon kennen, finde ich, aber ich habe auch erst mit 24 an der Uni gelernt, dass das keine Synonyme sind, von daher… mach weiter so und noch ein schönes Wochenende. ;)

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Ich bin Maik Zehrfeld und habe diesen Blog 2006 aus Langeweile heraus gegen die Langeweile gegründet. Mittlerweile stellt LangweileDich.net eine Bastion der guten Laune dar, die nicht nur Langeweile vertreiben sondern auch nachhaltig inspirieren will. Gute Unterhaltung!

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