Homepage

In Kooperation mit Andreas Schreiner

Die Top 7 missverstandenen Anglizismen

Die Top 7 missverstandenen Anglizismen buchstaben-unsplash

[Dieser Beitrag ist von Andreas Schreiner verfasst worden.]

Dolmetscher und Übersetzer sollen ja laut zahlreichen Experten und Fachleuten zu den Berufsgruppen gehören, die von dem technologischen Fortschritt, sprich der künstlichen Intelligenz, eher früher als später abgelöst werden. Diese These darf durchaus angezweifelt werden, denn ob es Computern jemals gelingen wird, Redewendungen richtig wiederzugeben oder Ironie richtig zu erkennen? Eine absolute Herausforderung stellen mitunter selbst für Sprachprofis Anglizismen dar. Dies liegt in erster Linie daran, dass hier nicht immer alles genauso ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Was sich schick anhört, nur weil es Englisch klingt, könnte bei englischen Muttersprachlern entweder Unverständnis, Gelächter oder ungläubiges Staunen auslösen.

Ein Anglizismus, was ist das eigentlich?

Möchte man ganz streng sein, dann müsste man die Anglizismen selbst eigentlich in Anglizismen sowie Amerikanismen aufteilen. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um Wörter, Wortgruppen, ganze Sätze oder Teile eines Wortes, die zwar aus dem Englischen bzw. Amerikanischen kommen, aber sich in die deutsche Sprache eingeschlichen haben. Dabei kann es sich um offensichtliche Wörter wie etwa Community, Teamwork oder Start-up handeln, die 1:1 aus der englischen Sprache übernommen wurden. Dann gibt es da noch Wörter wie etwa ausflippen, welchen man ihren englischen Ursprung auf den ersten Blick gar nicht ansieht. Anglizismen werden in folgende fünf Gruppen unterteilt:

Anglizismusgruppe Bedeutung Beispiel
Lehnwort 1:1 übernommener englischer Begriff, welcher mitunter eine deutsche Schreibweise erhält Internet, Computer, Laptop, Joggen, Start-up
Lehnübersetzung Wörtliche Übersetzung eines englischen Begriffs Credit Card = Kreditkarte, Fast Food = Schnellimbiss
Lehnübertragung Anstelle der 1:1 Übersetzung wird nur die Bedeutung in die deutsche Sprache überführt Skyscraper = Wolkenkratzer anstelle des Himmelskratzers
Lehnbedeutung Ein bereits in der deutschen Sprache vorhandenes Wort wird genutzt, um die gleiche Bedeutung wie im Englischen zu erreichen To fire somebody = Jmd. Feuern (entlassen), to cut somebody (Im Verkehr) = Jmd. schneiden
Scheinanglizismus/Wortschöpfung Ein Wort, das sich zwar Englisch anhört, es so wie es im Deutschen gebraucht wird, jedoch in der englischen Sprache überhaupt nicht gibt Handy, Happy End, Basecap

Bei diesen 7 Anglizismen sollten Sie ganz besonders vorsichtig sein

Nicht nur, aber insbesondere beim Nutzen von Anglizismen aus der letzten Kategorie könnten Sie in den berühmten Fettnapf treten. Es ist nämlich hierbei nicht immer so, wie es den Anschein hat. Nur weil ein Wort einen englischen Klang besitzt, heißt das noch lange nicht, dass Sie dieses auch in dieser Form im Gespräch mit einem englischen Muttersprachler nutzen können. Bei diesen 7 Wortschöpfungen oder im Deutschen missverständlich genutzten, liegt das größte Fehlerpotenzial.

1. Handy – der, die, das oder was?

Woher der in Deutschland gängige Begriff Handy kommt, ist bis heute nicht zweifelsfrei belegt. Es halten sich hartnäckig einige Gerüchte, so soll es etwa die berühmte schwäbische Frage nach dem fehlenden Kabel gewesen sein, welche für die Entstehung verantwortlich ist. Wieder andere behaupten, dass der Ursprung aus der Funksprache stammt. Oder könnte es einfach damit zusammenhängen, dass das Telefon praktischerweise immer griffbereit in der Hand gehalten werden kann?

Wie dem auch sei, die deutsche Bezeichnung eines Mobiltelefons, wie die Geräte eigentlich korrekt bezeichnet werden müssten, hört sich zwar Englisch an, ist es jedoch nicht. In Englisch ist Handy nämlich ein Adjektiv und kein Substantiv und bedeutet so viel wie praktisch oder handlich. Das ist das Handy zwar zweifellos, das ist jedoch auch die einzige Gemeinsamkeit, die es zwischen diesen beiden Begriffen gibt. Die Briten bezeichnen ihre Mobiltelefone übrigens als Mobile oder Mobile Phone, während die Amerikaner es Cell oder Cell Phone nennen.

2. Slip ist nicht gleich Slip

Der zweite Punkt auf unserer Liste der am häufigsten missverstandenen Anglizismen ist ein Slip. Nun ja, eine ganz bestimmte Art von Slip. Die Rede ist vom String, einem Bekleidungsstück der Damen. Es zeichnet sich durch seine „Leichtigkeit“ aus und soll gerüchteweise maximalen Tragekomfort bieten. Keine Frage, das Wort hört sich eindeutig Englisch an und es kommt tatsächlich häufig in Englisch vor.

Dies liegt daran, dass es gleich mehrere Bedeutungen hat. Am bekanntesten dürfte etwa Schnur, Faden, der Ablauf einer Ereigniskette oder die Saite einer Gitarre sein. Sie ahnen es vermutlich bereits, keine der zahlreichen englischen Bezeichnungen hat auch nur im Entferntesten etwas mit einer Damenunterwäsche zu tun. Der String wird in Englisch nämlich Thong genannt.

3. Oldtimer fahren oder Oldtimer sein, das ist hier die Frage

Deutschland ist übrigens genauso wie Großbritannien oder die USA eine Autonation. Während die Deutschen allerdings voller Stolz ihre alten Porsches, BMWs und Audis präsentieren, kommen die Engländer mit Rolls Royce, Range Rovern und die Amerikaner mit Cadillacs, Pontiac Trans Ams oder dem Klassiker schlechthin, den Ford Mustangs der frühen Baureihe Ende der 1960er-Jahre um die Ecke. Ja, wenn wir hierzulande von unseren Oldtimern erzählen, dann klingen wir wie verliebte Teenager.

Hört ein Amerikaner oder Engländer, wie Sie voller Stolz und Liebe von Ihrem Oldtimer erzählen, dürfte mit etwas Glück nur ein Achselzucken auf der anderen Seite des Tisches zu sehen sein. Handelt es sich hingegen bei Ihrem Gesprächspartner um ein älteres Semester, dann könnte er sich sogar persönlich angegriffen fühlen. Als Oldtimer werden im englischen Sprachgebrauch nämlich Senioren bezeichnet, und zwar spöttisch.

4. Mit dem Beamer werden Bilder projiziert oder etwa nicht?

Einen Beamer kennen wir praktisch bereits von Kindesbeinen an. Die älteren unter unseren Lesern starrten in der Schule praktisch ständig auf die von einem Beamer an die Wand projizierten Bilder. Je nach Alter des Lehrers fiel evtl. auch der Begriff Projektor. Wenn wir also von einem Beamer sprechen, dann beziehen wir uns auf einen Videoprojektor oder so ziemlich alles, was Bilder an die Wand projizieren kann.

Wenn Sie jedoch einem Gast aus den Vereinigten Staaten oder Großbritannien erzählen, dass Sie mal eben schnell den Beamer aus dem Keller holen, um die Fotos Ihres letzten Urlaubs an die Wohnzimmerwand zu projizieren, werden Sie in ein völlig verdattertes Gesicht blicken. Für Ihre Gäste ist ein Beamer nämlich etwas völlig anderes. So werden im englischen Sprachraum die Fahrzeuge sowie Motorräder von BMW bezeichnet. Übrigens haben auch unsere französischen Nachbarn mit BM eine eigene Abkürzung für diese Automarke.

5. Beim Public Viewing die Lieblingsmannschaft unterstützen, nicht in den USA

Wir erinnern uns an das Sommermärchen, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, wo die Welt zu Gast bei Freunden war. Es war vermutlich zu genau jener Zeit, als sogar Verkehrsmeldungen im Radio in Englisch erfolgten, als der Begriff Public Viewing eine Art Kultstatus erhielt. Auf den Fanmeilen wurden Public Viewings veranstaltet und seitdem wird bei jedem internationalen Fußballturnier sowie bei nationalen und internationalen Pokalspielen ein Public Viewing abgehalten.

Ungläubiges Staunen werden Sie erleben, wenn Sie einem Amerikaner begeistert von Ihren Erlebnissen beim Public Viewing erzählen. Dieser kann mit dem Begriff nämlich so rein gar nichts Positives anfangen. In den Vereinigten Staaten ist ein Public Viewing nämlich eine Ausstellung eines aufgebahrten und offenen Sargs. Das Public Viewing wird in den USA also im Rahmen einer Beerdigung abgehalten.

6. Auch das Shooting beim Fotografen könnte tödlich ausgehen

Ein Fotoshooting ist in Deutschland etwas Banales, ja fast schon Alltägliches. Völlig anders sieht es hingegen aus, wenn man den ersten Teil des Wortes weglässt. Im umgangssprachlichen Gebrauch ist häufig vom Shooting die Rede, für welches man sich besonders fein herausputzen muss. Sollten Sie diese Kurzversion wählen, wenn Sie mit einem englischen Muttersprachler zu tun haben, dann könnte es zu einer unangenehmen Situation kommen.

Zwar wird in Nordamerika bei einem Shooting ebenfalls geschossen, jedoch kein Foto. Nein, hier wird buchstäblich scharf geschossen. Häufig wird dieser Bezeichnung in den Zeitungen und Nachrichten eine Information beigefügt, etwa wenn es sich um ein Gang-Shooting handelt. Achten Sie also stets darauf, vom Fotoshooting zu sprechen.

7. Ein Shitstorm bricht über eine Person herein, aber nur in Deutschland

Dass ein Shitstorm über einen Politiker oder eine andere berühmte Persönlichkeit hereinbricht, wenn diese Person etwas sagt, was man auch nur ansatzweise missverständlich oder zweideutig interpretieren könnte, ist im deutschen Sprachgebrauch völlig normal. Angela Merkel hat diesen Anglizismus etwa bereits 2012 beim Treffen mit dem damaligen britischen Premier David Cameron genutzt. Auf der anderen Seite des Tisches dürfte in diesem Augenblick der Tee vermutlich wieder ausgespuckt worden sein.

Als Merkel dies 2018 noch einmal wiederholte, schaffte sie es damit sogar in die New York Times. Allerdings nur mit einem Augenzwinkern, denn der renommierten amerikanischen Presse ist natürlich bewusst, dass dieser Begriff in Deutschland völlig anders genutzt wird. Im Englischen sollten Sie das Wort jedoch tunlichst meiden, denn hier wird es als vulgär empfunden.

Einen Shitstorm gibt es vermutlich nicht, aber zumindest irritierte Blicke, wenn man bei der Umschreibung neue Spiele Casino meint, das Wort Casino stamme aus dem Englischen. Tatsächlich haben nicht etwas die Amerikaner, sondern die Italiener das Wort im 18. Jahrhundert erdacht.

Mit den Anglizismen ist es immer so eine Sache, im Zweifelsfall sollte man doch eher auf sie verzichten

Es gibt ohnehin zahlreiche Sprachwissenschaftler und Stammtischplatzhalter, denen der Gebrauch von Anglizismen ein Dorn im Auge ist. Für sie stellen Anglizismen so etwas dar wie die berühmte vegane australische Nachbarin, die ihre Nachbarschaft verklagt, wenn diese ihr Fleisch gesund und lecker grillen. Für die überwiegend junge Generation sind Anglizismen hingegen völlig normal, weshalb sie diese im Alltag praktisch ständig verwenden. Die Wahrheit dürfte vermutlich wie so oft in der Mitte liegen. Wie die 7 von uns präsentierten Beispiele jedoch zeigen, sollten Sie vorsichtig mit der Verwendung von Anglizismen umgehen. Dies gilt umso mehr, wenn Sie es mit einem englischen Muttersprachler als Gesprächspartner zu tun haben.

Mit freundlicher Unterstützung von Andreas Schreiner | Foto: Towfiqu barbhuiya (Unsplash) | Glücksspiel kann süchtig machen. Infos und Hilfe unter www.bzga.de

Keine Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Abo ohne Kommentar

Hinweis: Bei Kommentieren werden angegebene Daten sowie IP-Adresse gespeichert und Cookies gesetzt (öffentlich sichtbar sind nur Name, Website und Kommentar). Alle Datenschutz-Infos gibt es hier. Dank Cache/Spam-Filter sind Kommentare manchmal nicht direkt nach Veröffentlichung sichtbar (aber da, keine Angst).
Support the blog!

INSTAGRAM

Hallo!

Ich bin Maik Zehrfeld und habe diesen Blog 2006 aus Langeweile heraus gegen die Langeweile gegründet. Mittlerweile stellt LangweileDich.net eine Bastion der guten Laune dar, die nicht nur Langeweile vertreiben sondern auch nachhaltig inspirieren will. Gute Unterhaltung!

Blogroll Archiv Unterstützen Kontakt Mediadaten sponsored Beratung Datenschutz Cookies RSS

Um Werbung im Blog auszublenden, als "Langweiler:in" bei Steady einloggen.

DANKE an die "Langweiler:innen" der höheren Stufen: Andreas Wedel, Daniel Schulze-Wethmar, Goto Dengo, Annika Engel, Dirk Zimmermann, Marcel Nasemann, Kristian Gäckle und Christian Zenker.

Langeweile seit 6438 Tagen.